Für meine Stuttgarter Freunde und Bekannten: Stellt es euch einfach vor wie das Sommerfest in Sillenbuch. Es wird eine Hauptstraße gesperrt, diverse Buden aufgestellt, allerlei Programm geboten und das Ganze mit Auftritten diverser Künstler garniert. Der Unterschied besteht darin, dass sich das Fest in München etwa auf einer Länge von drei Kilometern dahinzieht (vom Odeonsplatz die ganze Leopoldstraße entlang bis zur Münchner Freiheit) und dass die auftretenden Künstler über ein nennenswertes Talent verfügen. Meiner Erinnerung nach war solches in Sillenbuch definitiv kein Auswahlkriterium, wenn es um das Besetzen der aufgebauten Bühnen ging. Der Rest läuft in etwa gleich ab, allerdings eben ein paar Nummern größer.
Der eigentliche Auslöser unseres Besuches war nicht das ziellose Schlendern, sondern die Tatsache, dass Disney einen großen Stand zum aktuellen Film „Monster Universität“ aufgestellt hat, bei dem man sich unter Anderem mit Mike und Sully photographieren lassen konnte. Eine Möglichkeit, die der wahre Fan natürlich unbedingt ergreifen musste, auch wenn wir eine halbe Stunde anstehen mussten, um die Bilder in Empfang nehmen zu können. Aber was tut man nicht alles, um einen eher mittelprächtigen Ausdruck eines Fotos mitnehmen zu können (was eigentlich eine ziemlich alberne Aktion war, denn letztlich hätten wir auch einfach die selbstgemachten Bilder abziehen können – die Qualität derer ist allemal besser als das, was am Stand produziert wurde). Aber wie heißt es doch so schön: „Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul“ und so ist meine Pixar-Devotialiensammlung jetzt um ein weiteres Stück reicher.Nachdem der Hauptpunkt abgearbeitet war, schlenderten wir einfach mehr oder minder ziellos die Straße entlang und schauten, was man so geboten bekommt. Und das ist wahrlich eine Menge. Zunächst einmal natürlich jede Menge Essensstände – für jeden Geschmack das Richtige. Mein absolutes Highlight in dieser Beziehung war zweifelsfrei der angebotene vegane Döner (den ich nicht probiert habe). Dagegen war der ganze Rest schon fast langweilig – aber auf alle Fälle Bio. In den meisten Fällen. Verhungern oder verdursten musste definitiv niemand.
Das Festival wird in thematische Blöcke gegliedert. Zuerst alle im entferntesten an Sport erinnernden Dinge (Inliner-Parcoure, Hüpfburgen, Kletterwände, Fahrradhändler, Speedminton, um nur ein paar zu nennen), anschließend Stände diverser Krankenkassen. Gut, hier kann ich mich auch irren, vielleicht war noch ein anderer Block dazwischen – aber es passt einfach so schön zusammen. Es gab den Wellnessbereich, die Fressmeile, die politische Ecke (in der jede noch so abstruse Partei einen Stand aufbauen konnte – wovon reichlich Gebrauch gemacht wurde), einen Block für die Tierschützer und sonstigen Verbesserer dieser Welt. Nicht zu vergessen sämtliche Münchner Tageszeitungen, handgearbeitete Klamotten, Ökostrom-Anbieter (oder waren die in den Block der Weltverbesserer eingereiht? Ich weiß es nicht mehr), Sportvereine und Carsharing-Informationsstände. Eigentlich hätte ich noch die Polizei und die Bundeswehr erwartet, aber die wollten offenbar nicht mitspielen. Dafür war das Rote Kreuz da.Und dazwischen: immer wieder Bühnen, auf denen diverse Auftritte geboten wurden. Gut, den Stand der freien Rede, an dem jeder, der schon immer mal vor größeren Menschenmengen sprechen wollte auf das Volk losgelassen wurde haben wir schnell übergangen, aber es gab auch genügend, vor denen man es länger aushalten konnte. Beispielsweise vor einem Trio aus Wien (zwei Gitarren und eine Geige), die eine derartig entspannte Musik zum Besten gaben, dass man sich am Liebsten einen Liegestuhl geschnappt hätte und nicht mehr weggegangen wäre. Außerdem waren die eingestreuten Ansagen einfach herrlich. Ebenfalls besonders hervorheben möchte ich einen Kerl, bei dem ich mir nach wie vor nicht sicher bin, ob er eigentlich zum regulären Programm gehörte, oder sich einfach eingeschmuggelt hat. Er kauerte am Boden über seinem Synthesizer, einem bisschen weiterer Elektronik und diverser sonstiger Dinge wie Percussion-Trommeln oder auch einer Spieluhr. Ihm zuzusehen war wie ein Lehrstück darüber, was Live-Sequenzing alles hervorzubringen vermag. Denn letztlich produzierte er mehr oder minder spontan irgendwelche improvisierten Elektro-Stücke. Und die waren richtig gut. Kein Wunder, dass ihn eine größere Menschenmenge umgab, alle sehr gechilled und in sich ruhend. Eigentlich habe ich nur auf den Geruch von abgebrannten bewusstseinserweiternden Drogen gewartet, das hätte ziemlich gut gepasst. Aber schlussendlich haben sich die Zuhörer vermutlich einfach an der Musik und sich selbst berauscht. Oder an der spontan dazukommenden Bauchtänzerin, die den Attraktivitätsgrad des Ganzen noch ein wenig steigerte.
Wir waren so ungefähr sechs Stunden unterwegs. Hier noch etwas trinken, da noch ein Eis und immer mal wieder ausführlich schauen. Wenn man kein Problem damit hat, sich den Quadratmeter mit empfunden fünf weiteren Menschen zu teilen (ganz so schlimm war es nicht, aber partiell war alles doch arg gedrängt), dann lohnt sich ein Besuch auf dem Streetlive-Festival definitiv. Ich werde im September wieder hingehen.