Nein, ich habe mir neuerdings keine gepflegte Legasthenie zugelegt, die Überschrift ist korrekt. Zweimal im Jahr findet in München das Tollwood-Festival statt. Im Sommer gastiert es im Olympiapark (dieses Jahr zum fünfundzwanzigsten mal), im Winter auf der Theresienwiese. Letztlich ist es eine wilde Mischung aus Musikveranstaltungen, Themenbereichen (meist der Kategorie „Weltverbesserung“ angehörend) und scheinbar endlos großem Gastronomieangebot – alles biologisch total wertvoll und zertifiziert. Für das gute Gewissen. Feilgeboten wird alles, was des Weltbürgers Herz erfreut: Kleidungsstücke im Batik-Look (ich dachte ja, dass sowas im vergangenen Jahrtausend ausgestorben sei – ich zumindest sah in meinen Spätjugendjahren in solcherlei Klamotten eher albern aus und finde ja, dass sich das auf alle übertragen lässt, die so etwas tragen), Kunsthandwerk jeglicher Couleur (Schnitzereien, Schmuck natürlich, Uhren aus plattgedrückten Flaschen, Postkarten und gemaltes Allerlei, Holzspielzeug und, und, und). Das Meiste fällt wohl in die Kategorie „strenggenommen total nutzlos“, aber genau das macht eigentlich den Reiz aus.
Dieses Jahr habe ich zum ersten mal die Sommer-Variante besucht und bin zu der Erkenntnis gekommen, dass sie sich nur darin von der Veranstaltung im Winter unterscheidet, dass die angebotenen Getränke gekühlt sind und der über allem schwebende Geruch nach Räucherstäbchen im Sommer etwas irritierend anmutet. Darüber hinaus spielt es eigentlich keine Rolle, ob man lieber im Sommer oder im Winter kommt.
Das mag jetzt alles ein Bisschen lästerlich klingen, ist aber gar nicht sonderlich negativ gemeint – ein Besuch lohnt sich auf alle Fälle. Die Mischung des Publikums ist eine höchst interessante bis amüsante -vom stylischen Szenegänger bis zum Öko-Veteranen ist alles dabei. Das Musikprogramm ist in aller Regel beachtenswert und für beinahe jeden Musikgeschmack geeignet (wobei der Besuch der Konzerte Eintritt kostet).
Und um sich entspannt den Bauch vollzuschlagen und einen gemütlichen Abend zu verbringen, eignet sich das Festival in jedem Fall. Im Zweifelsfall würde ich zum Besuch im Sommer raten (auch wenn der Olympiapark etwas komplizierter erreichbar ist als die Theresienwiese), denn dort geht es nicht ganz so gedrängt zu. Im Winter werden die ganzen Stände in große Zelte gepfercht, in denen meist eine Populationsdichte herrscht, die bei kleinere Menschen mit einer Aversion gegen das engebedingt erzwungene Schnuppern an der Achselhöhle des Besuchers vor einem eher Mordgelüste denn Kauflust weckt.
Mir selbst gibt der Kommerz-Teil des Festivals herzlich wenig, dazu fehlt mir einfach der Sinn für mehr oder minder nutzlosen Kitsch. Aber die Atmosphäre und das bunte Durcheinander ist einfach jedes mal wieder nett. Hingehen, entspannen, genießen!